«Kultur hat auch materiellen Wert»
Aus den Schaffhauser Nachrichten vom 3.11.16
Vernetzen, lobbyieren und sich für die Schaffhauser Kulturszene einsetzen: Das sind die Ziele des Schaffhauser Kulturbündnisses. Im Vordergrund stehen dabei auch öffentliche Gelder.
Ein Teil der Kerngruppe des Kulturbündnisses Schaffhausen: Christian Ulmer, Tom Krailing, Lisa Diana Gretener, Lukas Ottiger, Lukas Baumann und Urs Peter Naef formulierten gestern Sinn und Ziele der Gruppierung. Bild Selwyn Hoffmann
Von Pascal Schmidlin
Sich für Raum, Mittel und Wohlwollen für das hiesige Kulturleben einsetzen – das ist eine der Aufgaben des Kulturbündnisses Schaffhausen. Dieses stellte gestern seine Kerngruppe sowie Sinn und Zweck der Gruppierung in der Fassbeiz der Öffentlichkeit vor. «Das Bündnis ist aus einer Wut heraus entstanden», sagte Kerngruppenmitglied Christian Ulmer. Und sprach damit den Entscheid des Grossen Stadtrates vom Herbst 2015 an, als dieser mit einer Stimme Unterschied beschlossen hatte, die Kulturbeiträge in der Stadt nicht zu erhöhen. «Im Nachhinein war das Glück im Unglück für die Kulturszene. Man hat gemerkt, dass man wieder zusammenstehen und sich wehren muss», so Ulmer. Resultiert hat daraus nun eben dieses Kulturbündnis (anfänglich «Freunde der Kultur»), über das die städtische Kulturszene besser vernetzt werden soll und sich dadurch für ihre Anliegen einsetzen kann. «Dabei geht es natürlich um Gelder, aber auch um den Erhalt der lokalen Kulturszene», so Lukas Ottiger, der ebenfalls der Kerngruppe angehört.
Investition bringt Mehrwert
Dass die Kulturszene nicht nur die hohle Hand mache, sondern auch etwas der Region zurückgebe, zeigte er anhand einer Studie, bei der unter anderem das Forschungsinstitut BAK Basel und die Bank Julius Bär mitgewirkt haben. Die Studie sei dabei zum Schluss gekommen, dass «aus jedem in die Kultur investierten Franken drei Franken direkt in die regionale Wertschöpfung zurückfliessen», so Ottiger. Beim «Stars in Town» oder bei den «Kultur im Kammgarn»-Veranstaltungen werde dieser Faktor sogar noch übertroffen. «Die Kultur hat also auch einen materiellen Wert», so Ottiger. Und spare man bei der Kultur, so entziehe man dem regionalen Gewerbe Umsatz. «Um diese Fakten auf den Tisch zu legen, dafür ist das Bündnis da», sagte er.
Kammgarn-Westflügel «freigeben»
Neben dem Lobbyieren für eine Erhöhung der Kulturbeiträge setzt sich die Gruppierung auch für die Schaffung von Freiräumen für die Kulturszene ein. «Diverse städtische Liegenschaften stehen leer», sagte Ottiger. Diese könnte man für eine vertraglich geregelte, temporäre Nutzung übergeben. Dies gelte vor allem für den Kammgarn-Westflügel. Daran arbeite derzeit eine Arbeitsgruppe des Bündnisses, um zu gegebener Zeit auf die Stadt zugehen zu können und Vorschläge zu machen.
Mit einer Podiumsdiskussion am 22. November möchte das Bündnis eine Woche vor der Budgetberatung 2017 des Grossen Stadtrats auf den Wert der Schaffhauser Kulturszene hinweisen. Dabei diskutieren Museum-zu-Allerheiligen-Direktorin Katharina Epprecht, Katharina Furrer (Leitung Schauwerk), «Stars-in-Town»-Veranstalter Adrian Brugger und Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer zum Thema «Kultur als Standort- und Wirtschaftsfaktor oder wie kommerziell muss Kultur sein?». Denn als Standortfaktor sei die Kultur enorm wichtig, so Ulmer. «Eine Befragung von Neuzuzügern in Luzern hat ergeben, dass die Kultur der zweitwichtigste Faktor für den Entscheid war, dort hinzuziehen», sagte er. Und während das Angebot in Luzern gut sei, sei es in Schaffhausen gar sensationell – und das solle auch so bleiben.
Kulturbündnis Wer hinter der Gruppe steckt
Kerngruppe Der «innere Kreis» des Kulturbündnisses Schaffhausen besteht aus insgesamt zehn Personen aus der lokalen Kulturszene. Dies sind Lisa Diana Gretener, Tom Krailing, Hausi Naef, Andi Kunz, Lukas Baumann, Urs Peter Naef, Kurt Gallmann, Lukas Ottiger, Christian Ulmer und Fiona Zolg. Der Kreis der «Freunde» umfasst derzeit über 260 weitere Personen.